Pfingsten fährt man nach Bimbach

Vom Rennradfieber infiziert und für den Ötzi beworben und ausgelost gilt es in Vorbereitung dafür möglichst viele Rennradveranstaltungen mit langen Strecken zu bewältigen.

Von Vereinskollegen hörte ich bisher nur Gutes über den Rhön Radmarathon in Bimbach. Mit 210 Kilometern und 3500 Höhenmetern erschien mir dieser Marathon als perfekter Testlauf für den Ötzi. Die Frage war natürlich: Schaffe ich eine solche Strecke überhaupt? Um es vorweg zu nehmen: Ja.
Diane fuhr mit nach Bimbach und entschied sich für die lange RTF-Runde mit 155 Kilometern.
Wir schlugen unser Quartier in Bad Salzschlirf in der Pension Klaus auf. Die Anreise erfolgte bereits am Samstag. Wir holten unsere Startunterlagen ab und verbrachten die restliche Zeit mit „carboloading“ in den Bad Salzschlirfer Eisdielen und Pizzerien. Dazwischen erfolgte noch ein kurzer Rundgang durch den dortigen Kurpark.
Am Sonntag klingelte nach einer kurzen, unruhigen Nacht um 4.30 Uhr der Wecker. Eine halbe Stunde später saßen wir in voller Radlermontur am Frühstückstisch und erfreuten uns an dem tollen Frühstücksbuffet. Denn zu unserer großen Freude erklärte uns die Seniorchefin der Pension bereits am Vorabend, dass es gar kein Problem sei, so früh zu frühstücken, da alle andere Pensiongäste auch bei dem Marathon mitfahren würden. Deswegen gäbe es schon ab 4.30 Uhr Frühstück. Prima. 😉
Die Anfahrt nach Bimbach und die Parkplatzsuche verliefen unproblematisch. Trotzdem waren wir erst kurz nach 6 Uhr am Start und verpassten so den Start mit dem großen Feld. Das war aber kein Problem, da es eh keine offizielle Zeitnahme gab und ständig weitere Nachzügler starteten. Und so machten wir uns auf den Weg. Ich hatte 210 Kilometer vor mir, Diane 155.

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Spessart-Biker goes Rhön

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Ready to race!

So früh am Morgen war es noch recht frisch und ich war froh über meine Armlinge und die Weste. Sonnencreme hatte ich in Aschaffenburg vergessen und hielt es auch nicht für nötig, vor Ort welche zu besorgen. Ein fataler Fehler, wie sich später noch herausstellen sollte.

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Nach schnellen und unspektakulären 20 Kilometern führte die Streckenführung mitten durch das Betriebsgelände der Firma Rhönsprudel, die auch Hauptsponsor der Veranstaltung ist. Nach der Durchfahrt der Lagerhalle wartete der erste Kontrollpunkt auf die Fahrer. Hier holte ich nur meinen Stempel ab und hielt mich nicht weiter auf, da meine Trinkflaschen noch voll und ich noch nicht hungrig war. Außerdem hatte ich für Notfälle je drei Gels und Riegel in der Trikottasche.

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Laut Streckenkarte wartete nun die erste echte Herausforderung auf die Marathonisti (die RTFler ließen diese aus) – der Anstieg nach Ebersburg mit 18% Steigung. Hier war ich nicht zum letzten Mal froh, eine Dreifach-Kurbel am Rad zu haben. Dieser Anstieg fiel mir nicht allzu schwer.

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Here comes the sun…

Danach folgte ein zweites Highlight für die Langstreckler – die Wasserkuppe. Auch dieser Anstieg macht mir eher Spaߠals Probleme und es wurde mir jetzt auch endlich warm. Ich ließ es aber betont locker angehen und schonte meine Reserven, da ich mir ja nicht sicher war, ob ich die Strecke überhaupt schaffen würde.

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Auf dem Weg zur Wasserkuppe…

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… ging es hoch hinaus.

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Fernblick auf der Wasserkuppe.

Es folgte eine wirklich schöne Abfahrt nach Gersfeld. Dort vereinten sich die RTF- und die Marathonstrecke wieder und ich traf tatsächlich Diane vor dem Anstieg zur zweiten Verpflegungstelle am Parkplatz Schwedenwall wieder. Wir unterhielten uns kurz; versicherten uns, dass alles beim Anderen in Ordnung sei und trennten uns wieder.
Kurz begegneten wir uns noch einmal am Kontrollpunkt, als Diane einlief und ich gerade wieder losfuhr. Erst im Ziel sollten wir uns wieder sehen.

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Kontrollpunkt Schwedenwall

Es folgte nun die Abfahrt nach Bischofsheim und einige hügelige Kilometer nach Fladungen zum Kontrollpunkt 3. Auf dieser Strecke erwischte ich ein gute Gruppe, in deren Windschatten ich mich mitziehen ließ.

In Fladungen erreichte ich den 3. Kontrollpunkt. Hier gab es sogar heiße Würste im Brötchen. Ich traute mich aber nicht, stand nun doch wieder ein längerer Anstieg zur Hochrhön an und ich wollte meinen Organismus nicht unnötig belasten. Auch hier lief alles perfekt für mich.

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Auf dem Weg zur Hochrhönstraße.

Keine Schmerzen, keine Erschöpfung – so konnte ich die Fahrt durch die schöne Landschaft genießen. Es folgte die für mich schönste Abfahrt der ganzen Strecke hinab nach Wüstensachsen. In Hilders trennte sich die RTF- und die Marathonstrecke zum letzten Mal. Hier stellte ich mir kurz die Frage, ob 155 Kilometer nicht auch reichen würden. Nein lautete die entschiedene Antwort. Allerdings war ich jetzt wirklich froh, mit Musik im Ohr zu fahren. Das MP3-Doping hilft mir immer über solche Punkte hinweg – auch wenn es sehr umstritten ist. Irgendwann gelangte ich zum 4 Kontrollpunkt: Kaltensundheim. Hier hätte ich meine leeren Speicher mit Nudeln und Gulasch auffüllen können. Zum einen hielt mich aber die lange Schlange vor dem Stand ab, zum anderen traute ich meinem Körper auch hier eine solche Nahrung nicht zu. Und so begnügte ich mich mit Getränken, mehreren Stücken des sehr leckeren Käsekuchens und einigen Stücken Banane.

Nach dem Kontrollpunkt erwischte mich jetzt aber doch ein kleiner Tiefpunkt. Irgendwas am Rad machte bei Anstiegen seltsame Geräusche sobald ich die Knöpfe aus den Ohren nahm; die Sonne brannte und ich ärgerte mich, dass ich keine Sonnencreme benutzt hatte; ich haderte mit der Entscheidung, nicht doch die Abkürzung genommen zu haben und überhaupt fragte ich mich, warum ich mir so etwas antun muss.

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Blühende Landschaften im Osten – hier hatte ich meinen Tiefpunkt.

Ich erreichte den Getränkestand in Spahl und trank Wasser. Ich nahm kurz mein Rad unter Betracht, konnte aber die Ursache für die Geräusche nicht finden. Ich konnte aber auch keine negativen oder bedenklichen Veränderungen am Rad feststellen. Also fuhr ich weiter – hilft ja nix…

In Morles unterlief mir dann ein kleiner Fehler – ich interpretierte ein Richtungspfeil falsch und bog, statt geradeaus zu fahren, nach links ab. Erst nach einigen Kilometern stellten ich und die paar Fahrer, die mir folgten, fest, dass wir auf dem Holzweg waren. Wir drehten um und ich erkannte meinen Fehler. Wobei ich mir sicher war, dass vorhin der Pfeil deutlich nach links zeigte…

Der letzte Kontrollpunkt kam in Reichweite und ich bekam die zweite Luft. Ich war mir nun sicher, dass ich finishen würde. Leider verpasste ich den Abzweig zum Kontrollpunkt… Diesmal war aber nicht ich schuld. Ich folgte einer Gruppe von Fahrern. Unglücklicherweise wählte ich einen längeren Umweg zu dem Kontrollpunk, statt einfach umzukehren. Das bescherte mir nochmals einige Zusatzkilometer. Egal – alles Training für den Ötzi. Die Zeit spielte jetzt eh keine Rolle mehr. Nur der begrenzte Speicher meiner Polar Uhr. Ich musste das Ziel noch vor Ablauf der Speicherzeit – 11 Stunden und 4 Minuten – erreichen. Es sah aber ganz gut aus. Ich holte mir also den Stempel für das Finishershirt und fuhr nach 2 Käsebroten und mit erneut befüllten Flaschen weiter. Hier fand ich nun auch die Zeit, mit ein paar anderen Fahrern zu sprechen. Zum Beispiel lernte ich den „Hafenlohrer“ aus unserem Forum kennen. Was für ein Zufall.
Die letzten Kilometer spulte ich automatisch ab. Und endlich kam das Ziel in Sicht – yeah!

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Schnell holte ich mir meine Urkunde und mein Finishershirt ab und fuhr zum Auto, wo Diane schon auf mich wartete.

Den Rest des Tages verbrachten wir wieder in Eisdielen und Pizzerien. 😉
Die folgende Nacht war trotz Erschöpfung und Müdigkeit sehr unruhig. Schuld daran war der sehr fiese Sonnenbrand. Der bereitet mir sicher noch einige Tage Freude…

Am Pfingstmontag steht noch ein Besuch der Therme in Bad Salzschlirf auf dem Programm und dann fahren wir heim.

Fazit: Sehr geil! Ich bin sehr stolz auf mich. Die Zeit lässt zwar Raum für Verbesserung, aber für mich stand das „finishen“ im Vordergrund. Nächstes Jahr arbeite ich an der Zeit und dem Schnitt. Ich fuhr ca. 15 Kilometer Umweg und etwa 200 Höhenmeter mehr.
Und auch auf meine Frau bin ich sehr stolz. Auch sie hat ihr Ziel erreicht und ihre bisher längste Strecke bravourös bewältigt. Gratulation!

ToDo-List: Nächstes Mal Sonnencreme einpacken!

Die Daten:

Fahrzeit: 09:23:12
Gesamtzeit: 10:21:02
Kilometer: 229,24 km
Durch. Geschw.: 24,42 km/h
Max. Geschw.: 67,68 km/h
Höhenmeter: 3499 m
Rad: Cannondale Caad9

Das Höhenprofil:

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Keep on biking!

3 Gedanken zu „Pfingsten fährt man nach Bimbach

  1. Daumen hoch für die Leistung, ein 25er Schnitt kann sich doch sehen lassen! Der Ötzi kann kommen, den packst du locker.

    PS: Du musst langsam mal den Blogtitel ändern. Über Stock und Stein geht’s ja nur noch ab&zu. 😉

  2. 210 km / 3500 hm – das sagt schon alles! Hut ab vor der Leistung!
    Wahnsinn was Du unterm fahren alles machst: MP3 hören und dann noch diese schönen Bilder!
    Die schießt man aber nicht einfach so unterm Fahren, oder?

  3. Hi Jack – das brauch‘ ich um der Langeweile entgegen zu wirken… 😉
    Die Fotos entstehen meistens schon während der Fahrt. Extra für ein Foto anhalten kostet zu viel Zeit! 😉

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