Der Ötztaler Radmarathon 2011

Mein offizielles Ergebnis:

Name Thorsten Faderl
Startnummer 3067
Land/Ort D-Aschaffenburg
Kategorie Männer / Uomini M1
Startzeit 6:50.59,0
Zielzeit 18:23.13,9
Fahrzeit 11:32.14,9
Durchschnitt 20,628 km/h
Rang Gesamt 2980.
Rang Kategorie 1814.


Durchgangszeiten auf der Strecke
 

Stelle Tageszeit

Fahrzeit

Rang

Gesamt

bis Oetz 7:31.41,5

40.42,5

1093.

1809.

bis Kühtai 8:57.10,2

2:06.11,2

1200.

1963.

bis Innsbruck 9:53.06,8

3:02.07,8

1312.

2169.

bis Brenner 11:18.42,7

4:27.43,7

1367.

2260.

bis Gasteig 11:59.15,0

5:08.16,0

1479.

2434.

bis Jaufenpass 14:04.37,0

7:13.38,0

1855.

3051.

bis St.Leonhard 14:35.40,6

7:44.41,6

1818.

2989.

bis Timmelsjoch 17:39.48,4

10:48.49,4

1809.

2968.

Bergzeitfahren Oetz-Kühtai 17.3km, Höhenunterschied 1200m

Fahrzeit 1:25.28,7
Durchschnitt 12,143 km/h
Rang Gesamt 2113.
Rang Kategorie 1247.


Bergzeitfahren Innsbruck-Brenner 38.2km, Höhenunterschied 697m

Fahrzeit 1:25.35,9
Durchschnitt 26,776 km/h
Rang Gesamt 2616.
Rang Kategorie 1541.

Bergzeitfahren Gasteig-Jaufenpass 21.6km, Höhenunterschied 1130m

Fahrzeit 2:05.22,0
Durchschnitt 10,337 km/h
Rang Gesamt 3950.
Rang Kategorie 2225.

Bergzeitfahren St.Leonhard-Timmelsjoch 31.4km, Höhenunterschied 1759m

Fahrzeit 3:04.07,8
Durchschnitt 10,231 km/h
Rang Gesamt 3012.
Rang Kategorie 1729.

Dazu im Vergleich meine Daten:

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Fahrzeit: 10:26:55
Gesamtzeit: 11:32:37
Kilometer: 222,48 km
Durch. Geschw.: 21,29 km/h
Max. Geschw.: 77,76 km/h
Höhenmeter: 5208 m
Rad: Cannondale Caad9

Tatsächlich sind es ein paar Kilometer und Höhenmeter weniger, als von den Veranstaltern angegeben.

Nie wieder! Nie wieder tue ich mir das an.
Das war meine erste Reaktion nach dem Ötztaler Radmarathon 2010. Tja, was soll ich sagen – heute stand ich tatsächlich um 6.00 Uhr bei 2°C am Start zum Ötztaler Radmarathon 2011 in Sölden. 😉
Die Autos waren mit einer Schicht Raureif bedeckt und ich wartete frierend 45 Minuten auf den Start. Eigentlich war ich guter Dinge. Ich hatte fleißig trainiert und wollte meine Zeit von letztem Jahr verbessern. Wenigstens um ein paar Minuten. Es sollte anders kommen…
Wie gesagt, ich stand im Startfeld und betrachtete die anderen Fahrer um mich herum. Alles vertreten. Jung, alt, dicker und dünner. Routiniers und Novizen, Carbon und Alu. Ein bunter Querschnitt durch die Jedermann-Szene. Ich zwängte mir noch einen Riegel rein und schon ging es los. Der Startschuss fiel pünktlich um 6.45 Uhr. Bis ich losrollte war es 6.50 Uhr (ich stand etwas weiter hinten als letztes Jahr). Zenon hatte ich nicht mehr getroffen, da er einen anderen Anfahrtsweg wie ich hatte und auch früher am Start sein wollte.
Hinter Sölden begann die Abfahr in Richtung Ötz. Es war kalt – schweinekalt. Dazu kam noch ein feuchter Nebel, so dass meine Sonnenbrille beschlug. Die Abfahrt verlief sehr disziplinert, keiner ging bei diesen Bedingungen ein unnötiges Risiko ein.
Am Beginn zur Auffahrt nach Kühtai hatte ich Glück, es gab keinen Stau. Nach ca. 100 Höhenmetern blieb ich stehen und zog meine Jacke aus. Ich war im voll im Plan. Vor dem Weiterfahren gönnte ich mir ein Gel und weiter ging es bergauf. Nach weiteren 200 Höhenmetern geschah es – es platzte mir voll in mein Knie. Bereits seit 3 Wochen hatte ich immer wieder Probleme mit dem linken Knie und wusste auch gar nicht, ob ich überhaupt starten sollte. Aber wie das halt so ist…
Jetzt quälte ich mich in Richtung Kühtai bergauf und nach der 18%-Rampe war klar, dass es ohne Schmerzmittel nicht gehen würde. Ich konnte ja nicht einmal in den Wiegetritt. Also nahm ich eine Tablette. Von der Idee, meine Zeit zu verbessern, verabschiedete ich mich langsam aber sicher. Trotzdem fuhr ich wie geplant an der Labe in Kühtai vorbei und hielt kurz dahinter, um einen Riegel zu essen, die Jacke für die Abfahrt anzuziehen und meine Trinkflasche mit dem Inhalt der 3. Flasche (Einweg), die ich in der Rückentasche transportierte, aufzufüllen. So sparte ich etwas Zeit, lag aber ca. 2 Minuten hinter meiner Zeit von 2010.
Die Abfahrt ging ich verhalten an. Irgendwie hemmte mich meine neue Rolle als Vater etwas. Ich bin ja auch nicht so der schnelle und sichere Abfahrer.
Es folgte das Flachstück durch Innsbruck. Hier versuchte ich (Blödmann) verzweifelt an eine Gruppe heranzufahren, was mir nicht gelang. Fast hätte ich mich blau gefahren. Hätte ich mich nur eher umgeschaut – von hinten kam ein riesen Zug in dessen Windschatten ich mich dann hängen konnte. In Innsbruck herrschte wie letztes Jahr freie Fahrt dank Polizeieskorte.
Am Brenner lief es auch ganz gut. Rückenwind und immer wieder schnelle Gruppen bescherten mir einen kleinen Vorsprung auf letztes Jahr. Ich nahm mir an der Labe etwas Zeit und massierte mein Knie, füllte meine Flaschen auf und holte mir was zu Essen. Die Abfahrt vom Brenner liegt mir eigentlich ganz gut, aber es wollte nicht so recht rollen.
Und dann kam er,  mein Schicksals- und Angstpass: der Jaufenpass. 2010 hatte ich schon schwer zu kämpfen. Und prompt setzten auch die Schmerzen wieder ein. Ich hatte für den Jaufen eine weitere Schmerztablette eingeplant. Die nahm ich nun auch. Ich wollte an den selben Stellen wie letztes Jahr anhalten und kurz verschnaufen und das Knie entlasten, kam aber gar nicht so weit. Schon nach wenigen Minuten, es ging ziemlich steil los und wurde auch nicht flacher, musste ich anhalten. Da dachte ich das erste mal übers Aufgeben nach. Aber hier? Mitten am Berg? Ich müsste ewig auf den Besenwagen warten. An der Labe wäre es besser. Ich wäre nicht alleine und mit Essen und Trinken versorgt. So kämpfte ich mich weiter. Ein zweiter Stopp war nötig. Wiegetritt ging gar nicht und im Sitzen konnte ich nur mit dem rechten Bein Druck auf das Pedal bringen. Aber ich wollte ja bis zur Labe. Also weiter. Irgendwie erreichte ich die Labe auch. Ich legte mich kurz auf eine Bank und überlegte. Und schaute zur Passhöhe. Die war ja auch nicht mehr weit. Wenn ich die schaffen würde, hätte ich wenigstens 3 Pässe bezwungen. Also holte ich mir Käsebrote, Redbull, Kuchen und Wasser für die Flaschen und fuhr nach einer gediegenen Pause weiter. Als ich oben stand war klar was kommen musste. Ich blickte über Südtirol und dachte mir: Da kannst Du jetzt ja auch noch runterfahren. Wobei mir die Abfahrt vom Jaufenpass gar nicht liegt. Auch dieses Jahr kam ich mit vom Bremsen  schmerzenden und verkrampften Händen unten an. Diese Spalten und Längsrisse im Asphalt machten mich fertig.
Egal. Ich war in St. Leonhard im Passeiertal. Und noch weit von der Schlusszeit an dem Konrollpunkt entfernt. Hier aufzugeben wäre ja auch irgendwie doof. Bis zur nächsten Labe wollte ich noch fahren. Dort wäre ich nicht alleine und mit Essen und Trinken versorgt. ;
Bis Moos kam ich. Es herrschten inzwischen Temperaturen von 37°C und ich kochte so vor mich dahin. Hinter Moos wurde es so richtig steil. Alle reden von der 18%-Steigung am Kühtai, von den 20% hier spricht niemand und ich hatte die Erinnerung daran wohl auch verdrängt. Nix ging mehr. In einer Serpentine hielt ich an und setzte mich in den Schatten. An mir kämpften sich anderer Fahrer tapfer vorbei. Ich nuckelte ein Gel, streckte, dehnte und massierte mein Knie und dachte wieder übers Aufgeben nach. Ich überlegte, wie weit es noch bis zur Labe Schönau sei und wollte es probieren. Ich stieg auf das Rad und ab der Minute waren die Schmerzen fast gänzlich weg. Ich konnte endlich wieder im Wiegetritt fahren, und somit für etwas Abwechslung bei der Haltung sorgen. Der Weg bis zur Labe zog sich, aber ich erreichte sie. Wie letztes Jahr verspürte ich keinen Hunger mehr. Dennoch würgte ich eine Banane und ein Gel plus 2 Cola hinab. Ich würde den Kampf mit dem Timmelsjoch aufnehmen. Ich war nun schon so weit gekommen. Ich rechnete hin und her, überschlug die noch zu fahrenden Höhenmeter, ging die Strecke im Kopf durch und fuhr los. Eine Zeit unter 12 Stunden sollte noch möglich sein. Seltsamer oder glücklicher Weise stieg meine Stimmung und der Kampf mit den Serpentinen war gar nicht mehr so schlimm. Vom Druck der persönlichen Bestzeit befreit fuhr ich „locker“ bergauf. Die Getränkestation Seeberalm ließ ich links liegen und fuhr weiter. Kurz schwankte die Stimmung, als ich feststellte, dass ich mich bei den Höhenmetern verrechnet hatte und ein Blick nach oben offenbarte, das es weiter und höher war als gedacht. Aber irgendwann kam das Tunnel! Geschafft. Ab hier ging es relativ flach bis zur Passhöhe. Ich war so froh! Am Pass zog ich die Jacke über und schaut mich kurz um. Wer weiß, wann ich hier mal wieder stehen würde.
Bei der Abfahrt ging ich auch kein Risiko mehr ein. Gut so, denn ich musste tatsächlich einigen Riesen-Schafen auf der Fahrbahn ausweichen. Kurz zuckte ich, als sich der kurze Gegenanstieg zur Mautstation doch als länger entpuppte (auch das hatte ich vergessen), aber auch das war nur noch ein Klacks. Ich hatte es geschafft. Ab jetzt ging es nur noch bergab.
In Zwieselstein stand tatsächlich Zenon schon vor seinem Hotel und machte ein Foto von mir. Eigentlich hatte ich es auch nicht anders erwartet. Und dann war ich im Ziel. Geschafft. Seltsames Gefühl. Freude, Entäuschung, zu viel Rummel, nix wie weg. Ich hielt mich nicht auf, sondern verließ das geschäftige Treiben zügig und suchte mir ein ruhiges Eck zum telefonieren. „Zuhause alles in Ordnung? Prima. Ja, mir geht es ganz gut. Was macht der Sohnemann?“
Dann rief ich Zenon an und wir verabredeten uns zum Abendessen und zur Rennanalyse. Mein Finisher-Trikot holte ich am nächsten Morgen ab.
Von den Knieschmerzen abgesehen ging es mir dieses Jahr viel besser. Ich war noch relativ fit, konnte ohne Schmerzen laufen und Treppen steigen und mein Allgemeinzustand war auch besser. Ich fuhr auch nur eine Minute im roten Bereich. Das meiste im GA2- und GA1-Bereich.
Fazit: Es war wieder super. Ich mag das ganze drumherum und das größenwahnsinnige Flair der Veranstaltung. Das Rennen hätte besser laufen können, aber ich bin mit dem Ergebnis unter diesen Umständen mehr als zufrieden.
Auf die Frage, ob ich den Ötzi noch einmal fahre, antwortete ich:
Nie wieder! Nie wieder tue ich mir das an.
😉

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Keep on biking!

8 Gedanken zu „Der Ötztaler Radmarathon 2011

  1. Schöne Bilder hast du vom Ötztaler mitgebracht. Ich hoffe ich habe 2012 bei der Verlosung der Startplätze auch mal ein bischen mehr Glück als 2010 und 2011.

  2. Hallo Thorsten,

    bin durch Zufall auf deinen Blog gekommen. Warum nimmt man Schmerztabletten mit? Warum fährst du mit Knieproblemen einen Ötztaler?

    Schmerztabletten sind Doping !! Sorry ist aber so – Ich wette durch eine gezielte Trittanalyse hättest du keine Probleme.

    Ich gratuliere dir trotzdem dazu, dass du dich durchgekämpft hast.

    Vielleicht sieht man sich nächstes Jahr

  3. Hallo Armin,

    zunächst mal danke für die Gratulation.

    Über eine Tritt- bzw. Biometrieanalyse denke ich tatsächlich nach. Auch wenn ich inzwischen wieder beschwerdefrei bin.
    Wenn man in dem Bereich unterwegs ist, in dem Du fährst, ist das sicher das normalste der Welt.
    Tja, und warum ich überhaupt gefahren bin? Du weißt sicherlich, wie schwierig es ist, einen Startplatz für den Ötztaler zu bekommen. Dann trainiert man ein ganzes Jahr auf das Event hin. Und dann wegen ein paar „Problemchen“ im Knie nicht starten? Die Tage vor dem Ötztaler ging es ja auch besser.
    Zum Thema Doping: Das Schmerzmittel ist laut der Nada während und außerhalb von Wettkämpfen erlaubt und somit de facto kein Dopingmittel.
    Ob nun die Einnahme von zugelassenen Schmerzmitteln moralisch als Doping anzusehen ist, überlasse ich jedem selbst. Wenn Du das so bewertest…

    Übrigens gratuliere ich Dir auch. Du bist ja eine sensationelle Zeit gefahren. Da komme ich in diesem Leben nicht mehr hin.

    Beste Grüße
    Thorsten

  4. Glückwunsch zur mentalen Härte, aber Schmerzmittel gegen Muskel- oder Gelenkschmerzen im Wettkampf? Naja, ich würde nur soweit fahren, wie es ohne geht. Einen Vater mit kaputtem Knie braucht auch kein Sohn.

    Quote: Alle reden von der 18%-Steigung am Kühtai, von den 20% hier spricht niemand…

    Dass das niemand macht, mag vielleicht vor allem daran liegen, dass es am TJ keine 50m mit 10Hm am Stück gibt.
    Ehrlich nicht!

    Gruß
    Armin

  5. So ein Rennen ist ja der reine Wahnsinn! Würde ich mir wohl nie zutrauen.
    Respekt dafür, daß du trotz der widrigen Umstände gefinisht hast.

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