Alpencross 2012 – die Albrechtroute – Tag 4

Tag 4 (Montag, 30.07.2012): Lü – Grosio

Die heutige Etappe hatten wir beide als Erholungsetappe abgespeichert. Nur 1.500 Höhenmeter laut Roadbook – ein Klacks für uns. Im Hinterkopf hatte ich allerdings eine dumpfe Ahnung, dass der Abschnitt vielleicht doch nicht so leicht werden würde.
Doch zunächst mussten wir die Rechnung für Kost und Logis begleichen. Hatte ich eigentlich schon erwähnt, wie teuer die Schweiz ist? Hier hatten wir mit Abstand die höchste Rechnung der ganzen Reise. Das Essen war zwar gut und die Unterkunft ok, aber dafür, dass wir Etagendusche und -WC hatten, war es schon teuer. Andere Biker bestätigten uns, dass ihre Unterkünfte auch sehr teuer waren, aber wesentlich schlechter als unsere. Sehr freundlich waren die Wirtsleute allemal und unsere Bike-Klamotten wurden auch gewaschen und getrocknet. Insofern war das dann schon in Ordnung.

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Auch in Lü konnten wir um 7 Uhr frühstücken und waren kurz vor 8 Uhr wieder unterwegs. Es war noch etwas frisch, aber ansonsten war das Wetter traumhaft. Für heute war auch die Wetterprognose ganz gut.
Wir hatten aber ein anderes Problem – dank unseres hohen Riegelkonsums waren unsere Vorräte auf ein Minimum geschrumpft. Ein Einkauf stand an. Wir fuhren von Lü nach Tschierv und gingen in den dortigen, kleinen Supermarkt. Unglücklicherweise gab genau zu der Zeit die einzige Angestellte ihre Wochenbestellung telefonisch an ihren Großhändler durch. Wir schnappten uns zwei 6er Pack Riegel und etwas zu trinken und warteten. Und warteten. Und warteten. Wir verloren so ungefähr eine halbe Stunde. Ein weiteres Ärgernis kam mit der Rechnung. 36 Euro für 12 Riegel und einen Softdrink… Zum Glück führte uns der Weg heute aus der Schweiz nach Italien!

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Unterwegs trafen wir unsere drei Österreicher wieder. Sie waren nach uns gestartet, aber dank des unfreiweilligen langen Aufenthalts konnten wir ein paar Kilometer gemeinsam durch das Val Müstair fahren. Am Berg zogen sie erst einmal davon. Auch die Gruppe der Benefiztour überholte uns. Überhaupt waren auf dem Weg ins Val Mora sehr viele Biker unterwegs. Heute war ich ganz gut drauf und mir war nach etwas sportlichem Wettkampf. Ich sagte Diane, dass ich etwas schneller fahren und dann auf sie warten würde.

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Ich gab Gas und überholte auf meinem Weg nach oben einige Biker. Das war sicher nicht klug, denn ich fuhr fast am Anschlag. Aber es machte mir zu viel Spaß in dieser grandiosen Landschaft den Berg hoch zu heizen.

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Am höchsten Punkt, Döss Radond auf 2.234 m, wartete ich auf Diane. Hier legten die meisten anderen Fahrer eine Verschnaufpause ein.

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Ich erfreute mich an der schönen Aussicht, labte mich mit Bedacht an einem schweizer Müsliriegel und wartete auf meine bessere Hälfte. Ich wartete ganz schön lange. Gerade als ich ihr entgegen fahren wollte kam sie auf der Passhöhe an. Sogleich kassierte ich einen „Anschiss“, weil ich so weit vorgefahren war. Sie hatte unterwegs eine Panne und konnte sich nicht helfen. Die Kette war vom kleinsten Kettenblatt gefallen und hatte sich übel verklemmt. Zum Glück waren aber viele Biker unterwegs und es fand sich auch ein hilfsbereiter Sportsfreund, der ihr aus der Patsche half. Die Kette hatte erfreulicherweise keinen Schaden genommen, ich gelobte Besserung und wir setzten die Fahrt nach ein paar weiteren Regenerationsminuten fort. Übrigens hatte sie mich auch angerufen, aber mein Handy war vorsorglich ausgeschaltet…

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Albrecht schreibt in seinem Roadbook „Val Mora, leicht abfallendes Hochtal wie im Indianerfilm“. Nun, er hatte nicht übertrieben – die Landschaft war echt super. Wir surften auf dem netten Schotterweg weiter und jubelten.

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An der Wasserstelle füllten wir unsere Flaschen und wechselten dann auf den Trail. Auf DEN Trail. Ich glaube fast, das war der beste Trail meines Lebens, auf jedenfall der bisherigen Tour. So viel Flow habe ich noch nicht erlebt. Vor allem nicht auf so einer langen Strecke.

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Die wenigen Fotos können gar nicht wieder geben, was das für ein Spaß war! Das muss man selbst gefahren sein.

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Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir an dem Stausee San Giacomo di Fraele an. Wir umfuhren den Stausee auf der rechten Seite. Am zweiten See, dem Lago di Cancano, erspähten wir auf dem Parkplatz unsere drei österreichischen Freunde. Sie rasteten auf einem Parkplatz und luden uns zu Brot, Käse und Schinken ein. Eigentlich waren es ja vier, denn zu dem bikenden Trio gehörte noch Christian, der ihr Begleitfahrzeug fuhr. Er transportierte ihr Gepäck und wartete an vereinbarten Stellen mit Verpflegung auf die drei. Ein super Service.

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Wir rasteten also ein wenig und stärkten uns. Wir brachen etwas eher auf, wurden aber am Torri Di Fraele wieder eingeholt. Hier hatte ich zum ersten Mal Wegfindungsstörungen. Das GPS-Gerät funktionierte nicht richtig und der Track verlief nicht eindeutig. Den Österreichern und den Schwarzwäldern, die dann auch ankamen, ging es genauso. Aber dank der Kartenscans, die ich für solche Fälle dabei hatte, fanden wir den richtigen Weg. Da sieht man, dass man sich nicht nur auf die moderne Technik verlassen darf.

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Der Track lief ganz normal auf der Straße weiter. Wir fuhren drei Serpentinen ab, und bogen in den angegebenen Schotterweg ab. Ein Schild, welches uns darauf aufmerksam machte, dass dieser Weg gesperrt sei, ignorierten wir erfolgreich. Kurz darauf wurde klar, warum die Weiterfahrt eigentlich untersagt war. Drei Murenabgänge versperrten uns den Weg und erforderten etwas nicht ganz ungefährliche Kletterei… Dann lief wieder alles. Der Weg zog sich auf der Höhenlinie etwas in die Länge und es war ganz schön heiß oberhalb von Bormio. Langsam wurde klar, das die Etappe doch nicht so locker werden würde. Der Hintern meldete sich wieder. Zudem verfuhren wir uns bei Arnoga etwas. Wir machten zwar kaum zusätzliche Strecke, aber einige zusätzliche Höhenmeter nahmen wir deswegen mit.

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Der letzte Pass des Tages wartete auf uns – der Passo di Verva (2.314 m). Zu Beginn unverschämt steil, verlief er oben flacher. Aber es war ein hartes Stück Arbeit, auf das wir nicht wirklich gefasst waren.

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Aber auch diesen Übergang bezwangen wir.

Es folgte eine sacksteile, ewig lange Schotterabfahrt nach Eita. Wir waren sehr froh, Federgabeln, Dämper und vor allem Scheibenbremsen an den Rädern zu haben. Mein Gott war das ein Gerüttel – solche Abfahrten liegen mir ja gar nicht und ich ließ Diane den Vortritt.

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Endlich in Eita angekommen wählten wir die Variante 2 der Albrechtroute und fuhren über einen weiteren, saugeilen Trail nach Grosio ab. Die Originalroute verläuft rechts im Tal auf Asphalt, wir hopelten links hinab. Zuerst ein feiner Waldtrail, dann ein kurzes Stück Straße und zu guter Letzt ein alter, zugewucherter, grobpflastriger Karrenweg – einfach topp.

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Sehr erschöpft, erhitzt und leicht sonnenverbrand (für was hatten wir eigentlich beide Sonnencreme im Gepäck?) kamen wir in unserem Etappenziel Grosio und unserer Unterkunf, dem Hotel Sassella an. Die allabendliche Routine stellten sich ein – Räder weg stellen, auspacken, duschen, kurz chillen, zu Abend essen. Beim Abendessen leisteten uns die Schwarzwälder Gesellschaft, mit denen wir uns den Tisch teilten. Das Abendessen, ein spezielles Biker-Menu vom Chef das Hauses angepriesen, war lecker und wir gingen danach gleich zu Bett. Wir waren erledigt.

Fazit zum vierten Tag:
Mit Sicherheit keine Ruheetappe. Es war die längste der Tour. Aber die beiden geniale Abfahrten im Val Mora und später nach Eita waren einfach der Hammer. Das Hotel Sassella mit dem Restaurant Jim ist empfehlenswert.

Fahrzeit: 06:30:52
Kilometer: 82,20 km
Durch. Geschw.: 12,62 km/h
Max. Geschw.: 44,16 km/h
Höhenmeter: 1.413 m
Rad: Stevens Glide ES

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Keep on biking!

2 Gedanken zu „Alpencross 2012 – die Albrechtroute – Tag 4

  1. Ja ja, billig ist es in der Schweiz nicht, das gilt auch für uns Einheimische. Val Mora ist definitiv Top! Übrigens, alleine Vorneweg ist heikel, kenne ich aus eigener Erfahrung… 😉

  2. Pingback: Giro Engiadina Bassa – Tag 2 – Von Taufers nach Livigno | MTB- und Rennrad-Blog für Spessart und Umgebung

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