Alpen Challenge Lenzerheide 2015

Kurze Unterbrechung der Alpencross-Berichterstattung für die Alpen Challenge – mein Saison-Highlight in diesem Jahr.

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Auf der Suche nach einem Rennen in dieser Saison sind wir relativ schnell auf die Alpen Challenge gestoßen. Zum einen weil sich noch weitere Vereinsmitglieder dort angemeldet hatten, zum anderen weil es prima in die Ferienzeit passte. Denn nicht nur ich wollte starten – auch Diane wollte ihr Rennrad-Debüt in den Alpen bei der Alpen Challenge auf der Kurzstrecke geben.

Bis Juni lief meine Vorbereitung ideal, aber nach dem Marathon in Wenigumstadt war irgendwie die Luft raus. Dazu kam, dass ich aus verschiedenen Gründen weniger Zeit hatte. Und dann kam die Hitzewelle – kurz, ich trainierte nicht mehr so ganz konsequent auf das Event hin. Aber 180 Kilometer und 3.800 Höhenmeter hörten sich absolut machbar an. Zwei Wochen vor dem Marathon waren wir noch auf dem Alpencross. Da war ich mir jetzt nicht sicher ob sich das positiv oder negativ auswirken würde. Im Nachhinein kann ich das nicht wirklich beantworten. Es folgte eine Ruhewoche, in der ich eine kurze Einheit einlegte. Dabei fühlte ich mich alles andere als gut. Die Zweifel stiegen und die Vorfreude, die ich normalerweise bei solchen Events entwickele, stellte sich nicht ein. Diane ging es nicht viel besser. Erschwerend kam hinzu, dass die Wettervorhersagen für das Wochenende in der Schweiz sehr schlecht waren. Und das nach dieser langen Schönwetterperiode.
Aber die Startgebühren waren nun ein einmal bezahlt – ebenso die Unterkunft in der Jugendherberge Valbella. Das war übrigens die einzige bezahlbare Unterkunft in Lenzerheide die wir fanden. Diane und ich leisteten uns ein Komfort-Doppelzimmer. Das kam immerhin auf stolze CHF 185 für eine Nacht. Allerdings inklusive Halbpension und bereits bezogenen Betten, Gebühren für den Parkplatz und zwei Jugendherbergs-Tagesmitgliedschaften. Dazu kamen 40 Euro für die Jahresvignette für die Schweizer Autobahn und die Startgebühr von CHF 72. Da waren wir froh, dass wir noch eine Mitfahrerin hatten. So konnten wir wenigstens die Spritkosten und die Vignette aufteilen.
Aber ich will ja gar nicht jammern – immerhin erwartete uns „Europas schönster Radmarathon“. So wurde uns vom Veranstalter versprochen.
Am Samstag reisten wir  im Regen an. Vom Panorama hatten wir schon einmal nicht viel. Wir fuhren gleich zum Startgelände nach Lantsch/Lenz. Um 14 Uhr nahmen wir unsere Startpakete entgegen. Rückennummer, Transponder, Befestigungsmaterial und ein paar Socken plus den üblichen Papier-Werbekram. Ein Trikot war leider nicht inkludiert. Das wurde gesondert in der einfachen Ausführung für CHF 79,90 verkauft. Wir verzichteten…
Auf dem Startgelände trafen wir nun auch die 5 weiteren Spessart-Biker. Die Stimmung war ob der Wetteraussichten schon etwas an die äußeren Umstände angepasst: Betröppelt und eingetrübt. 😉
Die nächste Station war nun die Jugendherberge. Wir bezogen die Zimmer und ruhten uns etwas von der langen Anreise aus. Leider wurde das Abendessen nicht gemeinsam eingenommen, da es ein Kommunikationsproblem im Vorfeld gab. Zenon, Diane und ich aßen in der Jugendherberge (übrigens nicht schlecht), der Rest außerhalb. Danach trafen wir uns noch auf ein Pre-Race-Bier (CHF 5). Statt Renntaktiken wurden Bekleidungsstrategien diskutiert bzw. der Start bei Regen am Morgen generell in Frage gestellt. Ich hielt mich verzweifelt an meiner Wettervorhersage von wetter.com fest: 40% Regenwahrscheinlichkeit. Locals hatten vorher eine andere Auskunft gegeben: Regen, Regen, Regen – und kalt… Zumindest für den Abschnitt in Italien bestand aber Hoffnung auf etwas Sonne und Wärme.
All das konnte nun auch keine Hochstimmung und positive Spannung in mir aufbauen. Früh gingen wir schlafen – wir wollten auf alle Fälle mal schauen. Wecken um kurz nach 4 Uhr(leider etwas verschlafen), schnelles Frühstück um 5 Uhr. Und was sagte der Blick vor die Tür? Regen! So eine Sch…!!!
Nach kurzer Beratung waren wir uns alle einig zumindest an den Start zu gehen. Einige wollten sogar ganz sicher fahren. Die Damen waren sich noch nicht sicher und ich hatte mir vorgenommen zu starten und evtl. auf die kurze Strecke auszuweichen. Jetzt, wo wir schon mal da waren und so viel Geld ausgegeben hatten.
Also Räder ins Auto und ab zum Start. Dabei gaben wir Zenon noch ein paar Kilometer Geleitschutz, da er mit dem Rad zum Start fuhr, es aber noch dunkle Nacht war.
Auf dem Parkplatz am Biathloncenter brach Hektik aus. Dianes Bremse blockierte und ich konnte meine Radbrille nicht mehr finden. Und das um 20 nach 6 Uhr. Start war für 6.30 Uhr angesetzt. Schnell wurde das Rad repariert und die Brille gefunden und dann zum Start gefahren. Der Regen wurde weniger aber die Straße war nass. Die wenigen Abfahrtsmeter reichten, uns zu durchnässen.
Pünktlich zum Start von Block A rollten wir ein. Wir waren im Block E eingeteilt. Erst kurz vor unserem Start entschieden die Mädels, es zu versuchen.

Gemeinsam rollten wir im neutralisierten Startfeld los.

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Es war super nass und gleich zu Beginn ging es 500 Höhenmeter nach Tiefencastel hinab. Ich schlich diese Abfahrt runter und wurde nur überholt. Nicht meins – so eine Regennasse Abfahrt. Dazu setzte nun wieder Regen ein. Super! Egal – erst mal zum Albula und dann weiter sehen.

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Bergauf holte ich wieder viele der guten Abfahrer ein. Es lief besser als erwartet. Nur meine Füße waren Eisklumpen. 5°C auf der Passhöhe – brrr. Ich hoffte auf Besserung. Den Anstieg bewältigte ich laut Strava in 1,5 Stunden. Zu meiner Taktik gehörte es auch, die erste Verpflegung auszulassen. Ich hatte genug Riegel, Gels und Getränke dabei. Dieser Plan verschaffte mir auch ein Platz in der Bestof-Galerie bei Sportograf. Anziehen, essen, radeln – echtes Multitasking eben. 😉

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Die Abfahrt ging ich erneut sehr verhalten an – die Straße war noch nass – und ich verlor wieder viele der zuvor erkämpften Plätze. Wie immer… 😉

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Das Wetter wurde besser und es folgten einige „flache“ Kilometer bis zum zweiten Pass, dem Maloja. In einer guten Gruppe flog ich an St. Moritz und dem Abzweig zur Kurzstrecke vorbei. Ok – es lief und das Wetter wurde besser –> also Langstrecke. Easy. Im Vorfeld liebäugelte ich vage mit einer Zeit von ca. 7.30 h. Vereinskollege Thomas meinte: Das wird schwer. Aber kurz vor der zweiten Verpflegung hielt ich das noch für möglich. Dazu muss man allerdings sagen, dass der Veranstalter wenige Tage zuvor die Eckdaten des Rennens etwas verändert hatte: 193 Kilometer statt 186 Kilomer und 4.300 Höhenmeter statt 3.800 Höhenmeter…
An der zweiten Verpflegung hielt ich und füllte die eine leere Flasche auf. Schnell noch was in den Mund geschoben und weiter. Es folgte die Abfahrt. Beeindruckend, was die Straßenbauer da in den Berg gezimmert hatten. In jeder der unzähligen Kehren wedelte ein Streckenposten und mahnte zur Vorsicht. Überhaupt muss ich hier mal ein großes Lob an die Veranstalter los werden. Obgleich die Strecke nicht für den Verkehr gesperrt war gab es an jeder Kreuzung, jedem Kreisel, jedem Bahn- und Fußgängerübergang (egal ob Schweiz oder Italien) Sicherheitspersonal, das für praktisch freie Fahrt sorgte.
Zurück zur Abfahrt. Schnell wurde ich von meiner vorherigen Gruppe eingeholt, überholt und stehen gelassen. Habe ich schon erwähnt, was ich für ein mieser Abfahrer bin? 😉
Nach den Kehren wurde es besser. Allerdings kämpfte ich mich jetzt alleine mit dem Gegenwind ab. So wurde die eigentlich leicht abfallende Strecke nach Chiavenna doch recht kräftezehrend.
Und dann kam er, der Killer. Der Splügenpass – Südrampe. 30,4 Kilometer und 1.842 Höhnenmeter am Stück. Mit diesen beeindruckenden Zahlen gehört er zu den längsten und höchsten Auffahrten. Vielleicht hätte ich mir das im Vorfeld besser anschauen sollen…
Aber schön war die Strecke. Unterwegs füllte ich an einem Brunnen erneut eine Flasche auf, die ich bis oben leer hatte. Die Verpflegung oben wollte ich wieder auslassen. Schließlich würden dann nur noch ca. 30 Kilometer und 500 Höhenmeter auf mich warten. Bei uns im Spessart ein Klacks. 😉

Aber der Pass musste hart erkämpft werden.

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Kurz nach der ausgelassenen Verpflegung stand ein Schild – noch 3 Kilometer bis zu Passhöhe – es waren geringfügig mehr. Und zum ersten Mal bekam ich Probleme. Meine Oberschenkel begannen zu krampfen. Veilleicht ging meine Taktik doch nicht auf und ich hatte zu wenig gegessen und getrunken? Ich musste kurz anhalten und wäre fast nicht aus den Klickpedalen gekommen. Schöne Sch… Um mein Problem zu überspielen und die Pause zu nutzen zog ich meine Regenjacke und die Handschuhe an. Es fröstelte mich nun wirklich. Außerdem würde gleich die Abfahrt folgen. Irgendwie schaffte ich die letzten Meter bis hoch und nahm oben dankbar einen Becher Cola an, der mir gereicht wurde. Bei der Abfahrt ging es mir schon besser und ich hatte sogar etwas Spaß. So langsam gewöhnte ich mich ans Abfahren.

Nun kam ein landschaftlich sehr schönes Stück über die Via Mala in Richtung Chur.

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Unglücklicherweise stellte sich mir jetzt wieder ein sehr starker Gegenwind entgegen. Dieser entkräftete mich nicht nur, sondern sorgte auch für ausgetrocknete Augen. Das führte dazu, dass mir die linke Kontaktlinse aus dem Auge fiel. Zum Glück konnte ich sie auffangen und unter erschwerten Bedingungen wieder einsetzen. Auch meine Kehle trocknete aus und ich fragte mich, ob der schnell zur Neige gehende Flüssigkeitsvorrat reichen würde. Zwischen Chur und Tiefencastel musste eine kleine Anhöhe überwunden werden. Schon lange konnte ich meine gewohnt hohe Trittfrequenz am Berg nicht mehr halten. Ich wollte nun nur noch ankommen. Dann kam Tiefencastel und der finale Anstieg zurück nach Lantsch/Lenz. Der Anstieg, den wir am Morgen gleich zu Beginn runter sind.

Hierzu gibt es nicht mehr viel zu sagen. Es war eine einzige Quälerei. Hammerhart. Und mit extremen Böen von vorne die mich fast jedesmal nahezu zum Stillstand brachten.

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Ich dachte sehr oft ans Absteigen und Schieben. Irgendwie hielt ich dann doch durch und erreichte im Sattel das Ziel. Welch‘ Erlösung! 😉

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Im Ziel wurde ich bereits von Diane, Marion, Thomas, Jens und Zenon erwartet. Aber zunächst musste ich was trinken und essen. Während ich mich langsam erholte hörte ich meinen Namen über den Lautsprecher in Verbindung mit unserem Verein Spessart-Biker e.V. Wir hatten tatsächlich den 3. Platz in der Teamwertung erreicht. Aufs Treppchen schaffte ich es leider nicht mehr, ich konnte nicht so schnell laufen… 😉

Ich erfuhr dann auch, dass die Mädels kurz nach dem Start gemeinschaftlich beschlossen, das Rennen abzubrechen. Das war angesichts der widrigen Verhältnisse sicher die richtige Entscheidung.

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Nach der Dusche und einer Regenerationspause fuhren wir nach Hause. Ich war froh, heute nicht mehr fahren zu müssen, Diane war ja ausgeruht. 😉

Fazit:
Die Alpen Challenge war eine echte Herausforderung, die ich so gar nicht erwartet hatte. Von der Organisation gibt es eigentlich nichts zu bemäkeln. Die Strecke ist sehr schön, wenn ich auch wenig Zeit zum genießen hatte. Ob ich die Alpen Challenge noch einmal fahre? Ich kann es nicht sagen – der Aufwand und die Kosten sind nicht zu vernachlässigen. Wobei – die Vignette würde für den Termin im nächsten Jahr noch reichen. 😉

Keep on cycling!

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