Giro Engiadina Bassa – Tag 3 – Von Livigno nach Scuol

Sonntag, 07.08.2016

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Der frühe Vogel fängt den Wurm und sieht den Sonnenaufgang über Livigno. Ok, die Sonne war schon aufgegangen, aber die umliegenden Berggipfel wurden erst langsam nacheinander angestrahlt. Auf alle Fälle war klar: Es würde wieder wunderschönes Wetter geben. Gut gelaunt genossen wir das tolle Frühstücksbuffet, ließen dabei aber nicht die Uhr außer Acht, da heute noch ein „bisschen“ was vor uns lag.

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Wir verließen das Hotel Silvestri wie geplant und rollten zunächst durch Livigno. Hier war schon einiges los auf den Gassen, und wir mussten aufpassen, keine Touristen auf die Lenker zu nehmen. Kaum waren wir raus aus dem Dorf wurde es ruhiger. Wir begannen den Anstieg zum Passo Chaschauna. Das war zwar der einzige Pass an diesem Tag, aber mit fast 2.700 Meter keine kleine Aufgabe. Auch mussten über 60 Kilometer zurückgelegt werden und im Anschluss wartete noch die Rückreise nach Augsburg auf uns. Es würde also nicht gerade ein Ruhetag werden… 😉

Zunächst wartete eine steile Asphaltstraße auf uns bis wir ein Hochtal erreichten.

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Wir erreichten den Abzweig zum Pass. Hier kam die Ernüchterung: Am Wegweiser hing ein Schild, dass das Refugio am Pass geschlossen sei. Mist, hier wollten wir eigentlich einkehren. Das würde wohl nichts werden…

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Und als ob dieser „Schock“ nicht schon genug gewesen wäre, schien uns die Ziege auf dem Dach der nahegelegenen Scheune mit ihren Meckern zusätzlich zu verhöhnen…

Zumindest ereilte uns dieses Schicksal nicht alleine, denn während wir noch Kräfte für den nun folgenden Anstieg sammelten, kamen immer mehr Biker, die sich auf den Weg nach oben machten.

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Es wurde steil und unsere Gruppe trennte sich. Ich fuhr/schob etwas voraus. An solchen Bergen muss jeder sein Tempo gehen bzw. fahren, sonst kommt schnell Frust auf. Und zwar bei allen Beteiligten. Der Weg war lang – etwa 600 Höhenmeter am Stück. Dafür war das umliegende Panorama sensationell.

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Immer wieder legte ich kurze Pausen ein, um diese Aussicht zu genießen.

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Schließlich kam das geschlossene Rifugio in Sicht. Bei dieser Lage und Aussicht eigentlich unverständlich, das es zu war. Es waren inzwischen auch wirklich viele Biker und Wanderer unterwegs, die sicherlich auch gerne eingekehrt wären. Ich stellte mein Rad ab und schob mir schnell einen Riegel rein. Dann ging ich Diane entgegen, um ihr Rad zu übernehmen. Wir haben die Vereinbarung, dass ich ihr in solchen Situationen helfen kann und auch soll. Sie freut sich immer darüber… 😉

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Wir machten es uns erst einmal auf der Wiese vor der Hütte bequem und legten eine kleine Rast ein, bevor wir die letzten Höhenmeter bis zum Pass in Angriff nahmen. Dabei beobachteten wir andere Biker bei dem Versuch, dieses letzte Stück im Sattel zu bezwingen – es schaffte keiner. Als wir unsere Pause beendet hatten schoben wir unsere Räder den Trail hinauf, fahren wäre eh sinnlos gewesen. Zu steil und verblockt war der Weg.

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Wieder ging ich voran. Die letzten Meter waren fahrbar und ich erreichte im Sattel die Passhöhe.

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Es war vollbracht – wir hatten den letzten großen Brocken unserer Tour bezwungen. Von nun an ging es bergab – also theoretisch. Der Weg bis nach Scuol sollte noch einige Überraschungen für uns bereithalten. Zunächst mussten wir aber erst einmal vom Pass runter. Ich freute mich schon tierisch auf diese Abfahrt. Bei meinen Recherchen im Vorfeld stieß ich auf einige Videos zu der Abfahrt. Ich war gespannt, ob ich diese technisch schwierige Abfahrt fahrend würde meistern können. Sie war auf alle Fälle das fahrtechnische Highlight der Tour. Und bis auf wenige Stellen – verblockte S-Kurven im steilen Gelände – bezwang ich sie auf dem Rad. Yeah!

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Die anderen hatten nicht ganz so viel Spaß und das Verhältnis von Fahren und Schieben war genau umgekehrt. So musste ich am Ende des Downhills wieder warten. Langsam wurde es später als geplant.

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Im Talgrund blickten wir ein letztes Mal zurück und machten uns auf den restlichen Weg. Wir beschlossen, bei der nächsten Möglichkeit einzukehren und Mittag zu essen. Die Laune und der Magen hing bei einigen ziemlich tief… 😉
Die Devise lautete locker weiter pedalieren bis nach Zernez. Allerdings war der Weg nicht so locker…

Es wurde sehr warm, die Getränkevorräte neigten sich dem Ende und der Weg zog sich in einem ständigen Auf- und Ab entlang der Bahnlinie und nahm kein Ende.

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Zernez erreichten wir zu einer so unglücklichen Uhrzeit, dass alle Restaurants gerade ihre Küchen geschlossen hatten und auf überteuerten Kaffee und Kuchen hatten wir im Moment gar keine Lust. Wir entschieden uns, jetzt bis Scuol durchzufahren. Der Original-Track sieht vor, hier und da ein paar Schlenker einzubauen, um die Hauptverkehrsstraße durch das Inntal zu meiden. Wir wollten allerdings auf dem kürzesten und schnellsten Weg die Tour beenden. Immerhin mussten wir im Anschluss ja noch nach Augsburg zurück. An einem Brunnen, den ich von unserem Nauders-Urlaub 2010 schon kannte, füllten wir die Trinkflaschen auf und rollten gen Ziel. Dabei stellten sich uns leider der wohl immer im Inntal herrschende Gegenwind und ein paar fiese Gegenanstiege in den Weg. Zu guter Letzt erreichten wir Scuol aber doch… 😉

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Wir plünderten einen Supermarkt, der zum Glück sonntags geöffnet hatte und vesperten ausgiebig an einem der Mineralwasserbrunnen.

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Wie immer konnte ich dann gar nicht glauben, dass die Tour schon vorbei war. Gerade noch am „existenziellen Limit“ und kurz darauf zurück im Alltag. Aber wir waren auch froh, ein paar so schöne Tage erlebt zu haben – gut der Freitag war jetzt nicht so prickelnd, aber auch ein Schlechtwettertag gehört nun einmal zu einer solchen Unternehmung dazu. Und aus der „Ferne“ betrachtet war es dann gar nicht mehr so schlimm… 😉

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Wir schossen noch unser Finisher-Bild, verluden die Räder und die Ausrüstung ins Auto, machten uns notdürftig etwas frisch, zogen uns um und fuhren zurück nach Augsburg. Diane und ich übernachteten dort nochmals, bevor wir am Montag bei uns zu Hause und unseren Kindern ankamen. Die Wiedersehensfreude war allerseits sehr groß.

Das Fazit zur Tour: Geniale Strecke mit einigen Highlights und absolut empfehlenswert. Noch toller wäre die Tour mit der Durchquerung der Uinaschlucht am Freitag gewesen, aber das hatte nicht sollen sein. Vom Umfang hätte es nicht mehr und nicht weniger sein dürfen – die Etappen waren genau richtig. Wer das ganze gerne mal an einem Tag „erleben“ möchte: Wir bewegten uns auf den Spuren der Langstrecke des „Nationalpark Bike-Marathon„. Nur statt durch die Uinaschlucht fährt man dort über den Costainas.

Das war sie also – unsere Tour „Giro Engiadina Bassa“ und das MTB-Highlight 2016. Die Planung für 2017 läuft bereits und auch im nächsten Jahr wird sich unsere Alpentour in einem ähnlichen Rahmen bewegen.

Keep on Biking!

Ein Fotoalbum zur Tour gibt es hier: *klick*

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